Vom tropischen Rio de Janeiro bis zum rauhen Patagonien
von Sonja Stucki
Dschungel, Samba und Meer vereint
Der Wettergott ist uns in Rio dieses Mal wohlgesinnt. Als Highlight habe ich die Besteigung der beiden fingerhutähnlichen Hügel Dois Irmãos im Visier. Die Sicht auf Corcovado und Zuckerhut sowie auf die 13-Millionen-Metropole zwischen Meer und sanften Hügeln eingebettet präsentiert sich wie aus dem Bilderbuch.
Am Puls des Lebens
Genauso wie die farbige Treppe «Selaron» zwischen den beiden Künstlervierteln Lapa und Santa Teresa gehören auch die Favelas zu Rio. Das angeblich grösste Viertel Lateinamerikas heisst Rocinha und ist das Zuhause von 300'000 Menschen. Es ist Sonntag, und der Bass der Musik dröhnt kilometerweit – das pulsierende Leben ist spürbar, nicht nur an der Copacabana.
Grünes Paradies
Die Iguazu-Wasserfälle zählen zu Recht zu den sieben Weltwundern der Natur. Nebst den imposanten Wassermassen und der üppigen Flora trifft man auch zahlreiche Tiere wie Nasenbären, Tukane, Echsen oder Schmetterlingsschwärme in bunten Farben und Mustern an. Während die brasilianische Seite mit fantastischen Panoramablicken aufwartet, führt auf der argentinischen Seite ein Steg mitten in den Hauptfall hinein.
Im Nirgendwo
In Trelew übernehmen wir den Mietwagen und fahren nach Puerto Piramides, das Eingangstor zur tierreichen Peninsula Valdes. Die karge Landschaft ist erst etwas gewöhnungsbedürftig, Bäume sucht man vergebens und auf der Halbinsel selber ist auf dem Schotter kein schnelles Vorankommen möglich. Dies ist aber ein Vorteil für die Guanakos – eine Art Lama – die manchmal unerwartet die Piste überqueren.
Tierreiche Halbinsel
Wir sehen Seelöwen und Seeelefanten bei Punta Delgada und Punta Norte. Eine Kolonie von Magellan-Pinguinen entzückt mich besonders, und die Walbeobachtungstour übertrifft alle bisherigen Bootstouren, an denen ich bisher in verschiedenen Ecken der Welt teilgenommen habe. So nah und so zahlreich habe ich diese Kolosse noch nie beobachten können.
Einzigartiges Spektakel
Nebst den Glattwalen kann man auf der Pensinsula Valdes auch Orcas beobachten, die mit ihrer intelligenten Jagdtechnik in der Brandung liegende Jungrobben erbeuten. Es gibt meines Wissens auf der Welt keinen anderen Ort, wo dieses Spektakel so zu bestaunen ist.
Die Weite Patagoniens
Die Ruta 40 ist mit 5300 Kilometern die längste Nationalstrasse Argentiniens, und wir befahren auf dem Weg nach El Chaltén gerade mal 100 Kilometer davon. Meistens ist weit und breit kein anderes Fahrzeug zu sehen und die steppenartige Region gewinnt zusehends an Attraktivität je näher wir dem Nationalpark Los Glaciares kommen.
Wanderparadies
Aufgrund der fantastischen Wetterbedingungen beschliesse ich euphorisch, gleich zwei Wanderungen zu kombinieren. Der Verbindungsweg von der Laguna Torre in Richtung Fitz Roy entpuppt sich als Highlight. Glücklich, dass sich die Wolken um die Gipfel des Cerro Torre doch noch lichten, führt mich der Weg durch hellgrünen Südbuchenwald und entlang intensiv leuchtender Lagunen. Ich geniesse den Blick auf das imposante Granitmassiv Fitz Roy, ehe ich nach 27 Kilometern Fussmarsch wieder in El Chaltén eintreffe.
Kontraste
Der Perito-Moreno-Gletscher gehört zum Nationalpark Los Glaciares und ist damit nach der Antarktis und Grönland Teil des drittgrössten Eisfeldes der Welt. Von den nahgelegenen Aussichtsplattformen wird man mit etwas Glück Zeuge eines Gletscherabbruchs. So oder so überwältigt mich die leuchtende Eismasse im Kontrast zum rot blühenden Feuerbusch und zu den zartgrünen Laubblättern.
Eisblau
Dicht gedrängt stehen die Leute mit ihren Kameras am Schiffsbug. Die Eisbrocken im Lago Argentino stammen vom 12 Kilometer entfernten Upsala-Gletscher und unterscheiden sich in Form, Grösse und Farbe. Nicht nur das Farbspektrum von Eisblau über Türkis bis Dunkelblau ist eindrücklich, sondern auch die Vorstellung, dass nur rund 10 Prozent der effektiven Eismasse über der Wasseroberfläche sichtbar sind.
Asado bei den Gauchos
Mit dem Mietwagen fahren wir nach Puerto Natales, eine von Bergen, Fjorden und Inselketten umzingelte Kleinstadt. Auf einer Bootstour zum O'Higgins-Nationalpark besuchen wir unter anderem eine Estancia, die ursprünglich von der Schafzucht lebte. Schon Stunden vor unserer Ankunft hat der Gaucho das Lammstück neben dem offene Feuer platziert – es schmeckt uns wunderbar.
Torres del Paine
Da uns Übernachtungen im Torres del Paine Nationalpark aus Kapazitätsgründen verwehrt wurden, besuchen wir die imposante Landschaft auf einem Tagesauflug. Begrüsst von Kormoranen und Guanakoherden fahren wir gemütlich durch die rauhe Landschaft und staunen über die Vielfalt der Pflanzen, die sich in allen Farben in der Tundra präsentieren.
Cuernos
Das Zentrum des Nationalparks Torres del Paine bilden die Cuernos del Paine, welche von zahlreichen türkisblau leuchtenden Lagunen umgeben sind. Man kommt ihnen bei einem ein- oder mehrtägigen Trekking näher oder kann sie wie wir aus der Ferne bewundern. Als wir beim Lago Grey dem sandigen Ufer entlanggehen, erleben wir den patagonischen Wind in seiner vollen Stärke.
Nationalpark Los Arrayanes
Der liebliche Ort Villa la Angostura besteht aus zahlreichen Shops, Cafés und Restaurants sowie Unterkünften im Chaletstil. Auf der nahegelegenen Halbinsel marschieren wir durch Restbestände von mächtigen Arrayán-Bäumen mit ihrer zimtfarbenen Rinde. Wer es gemütlicher mag, lässt sich mit dem Schiff an die Südspitze bringen und geniesst dabei das Bergpanorama.
Ruta de los Siete Lagos
Eines der wohl schönsten Teilstücke der legendären Ruta 40 legen wir zwischen Bariloche und San Martín de los Andes zurück. Der gelbe Ginster, für die Einheimischen wegen seiner Ausbreitung eher eine Plage, säumt im Frühling die Strassenränder endlos und ist ein fantastischer Kontrast zur Seenlandschaft und den Nadelbäumen.
Grenzgebiet
Beim Tromen Pass überqueren wir – mittlerweile schon im Umgang mit der Bürokratie geübt – erneut die Grenze zu Chile. Die Araucariabäume mit ihren spitzen Nadeln wirken irgendwie bizarr in dieser Hochebene, da sie uns ein wenig an Weihnachtsbäume erinnern.
Vulkanregion
Dass auf der chilenischen Seite dieser Region mehr Regen fällt ist aufgrund der grünen Hügel und satten Blumenwiesen offensichtlich. Wir sind inzwischen mitten im Vulkangebiet angekommen. An der Grenze werden wir vom Volcán Lanin begrüsst, und im Hintergrund von Pucón thront der 2847 Meter hohe aktive Villarrica. Er lässt sich mit Guide sogar besteigen, aber auch auf eigene Faust können aussichtsreiche Wanderungen unternommen werden.
Kulinarik
Manch einer denkt beim argentinischen Essen in erster Linie an viel Fleisch, was durchaus seine Berechtigung hat. Doch darf man die Einflüsse vieler europäischer Einwanderer nicht unterschätzen und selbst ein Vegetarier kommt gut über die Runden. Mir haben es die überall verbreiteten «Heladerias» angetan – ein Augen-und Gaumenschmaus im wahrsten Sinne.
Buenos Aires
Die Hauptstadt Argentiniens bildet den Abschluss unserer Reise. Ein bisschen Tango in San Telmo, modernes Stadt- und Freizeitleben am Puerto Madero, buntes Treiben in La Boca und authentisches Quartierleben in Palermo. Möge das Land sich wie die stählerne Floralis Generica jeden Tag aufs Neue öffnen und mit der Zeit gehen, ohne Traditionen zu vergessen.
Angaben Reisebericht
Tipps
Pinguinkolonie auf der Peninsula Valdes bei der Estancia San Lorenzo besuchen.
Fotostop im Torres del Paine beim Camping Lago Pehoé nicht verpassen.
In Bariloche den Circuito Chico abfahren und keinenfalls den Punto Panoramico auslassen.
